Die Wiener Gesellschaft für interkulturelle Philosophie (WiGiP) lädt zu ihrer nächsten Vortragsreihe im Sommersemester 2024 in Kooperation mit dem Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) unter dem Motto „Interkulturelle Philosophie und …“. Damit wird die Offenheit und Notwendigkeit eines Dialogs des interkulturellen Philosophierens – sei es als eigenes Fach, sei es als Querschnittsmaterie, die alle philosophischen Disziplinen durchziehen soll – innerphilosophisch und mit anderen Humanwissenschaften betont.
Elvira Wakelnig
Seit ihren Anfängen im antiken Griechenland stehen Philosophie und Medizin in einem sehr engen Verhältnis zueinander. Die im 2. Jh. n. Chr. von Galen gestellte Forderung, dass der beste Arzt auch Philosoph sein soll, entfaltet großen Einfluss, der besonders in der spätantiken wissenschaftlichen Literatur greifbar wird und über diese die Entstehung und Entwicklung der beiden Disziplinen in der arabischen Tradition prägt. Auf Arabisch verfasste medizinische Werke aus dem 9., 10. und 11. Jh. geben daher nicht nur interessante Einblicke in die spätantike Philosophietradition, sondern sind für ein umfassendes Verständnis der arabischen Philosophie unerlässlich.
Elvira Wakelnig ist Assoz.-Professor für Arabische Philosophie am Institut für Orientalistik der Universität Wien und forscht in den Bereichen der Überlieferung griechischer Wissenschaften ins Arabische und der Ideengeschichte der arabisch-islamischen Welt.
https://univienna.zoom.us/j/64035246324?pwd=aXFiV2lMMGUxV2gxaG0xN0hxbkNJUT09
Ursula Baatz
Die Praxis von sati (Pali), Achtsamkeit, ist eine grundlegende Übung des Buddhismus, eingebettet in und erklärt durch buddhistische philosophische Reflexion. In den letzten Jahrzehnten haben Achtsamkeitsübungen unter dem Label „mindfulness“ in den nordatlantischen Industriestaaten eine enorme Popularisierung erfahren. Dabei haben sich durch die Veränderung des Kontextes – vorwiegend monastisch und traditionell in Asien, in den nordatlantischen Staaten vorwiegend an Leistung und Wellness orientiert – sowohl die Übung als auch das theoretische Verständnis der Übung verändert. Sati und mindfulness sind, so lässt sich mit guten Gründen feststellen, nicht dasselbe, auch wenn dies von vielen so verstanden wird.
Dr. Ursula Baatz ist zurzeit Research Fellow am Institut für Religionswissenschaft der Universität Wien, Redakteurin von polylog, Gründungsmitglied der WiGiP, Achtsamkeitslehrerin und Zen-Lehrerin.
https://univienna.zoom.us/j/64035246324?pwd=aXFiV2lMMGUxV2gxaG0xN0hxbkNJUT09
Meeting-ID: 640 3524 6324
Kenncode: 633742
Richard Shusterman
Somaesthetics and Philosophy as a Way of Life: On Camera
To what extent can philosophy be reclaimed as an embodied art of living and take advantage of visual rather than written expression? Experimentation in performative visual media seems especially appropriate for the philosophical field of somaesthetics. This presentation introduces some examples of my recent work in film as part of my effort to revive the idea of the philosophical life while expanding philosophy’s reach and public.
Richard Shusterman is the Dorothy F. Schmidt Eminent Scholar in the Humanities at Florida Atlantic University and Director of its Center for Body, Mind, and Culture.
https://univienna.zoom.us/j/63682174357?pwd=STlSV2xTcDlvZ1l5Z21DcXkyVWdPdz09
Hermann Mückler
Die Ethnohistorie ist eine in Wien entstandene Forschungsrichtung, die ethnologische und historische Forschungsansätze miteinander verknüpft. Sie versteht sich als Teilbereich der Kulturgeschichte und interessiert sich insbesondere für die jüngere Geschichte von Gesellschaften, zu deren Rekonstruktion insbesondere schriftliche Quellen, Bildquellen, Realien und Oraltraditionen unter Anwendung kommunikativer Forschungsmethoden einen interpretativen Zugang ermöglichen. Die Ethnohistorie Wiener Prägung grenzt sich zur US-Amerikanischen ethnohistory ebenso ab, wie zu verwandten Forschungsansätzen in Frankreich und der ehemaligen Sowjetunion. Momentan ringt die Ethnohistorie damit, sich exakter zu definieren und nach Jahren indifferenter Positionierungen neu zu verorten, auch mit Blick auf die prekäre Situation des Faches der Kultur- und Sozialanthropologie insgesamt. Der Vortrag gibt einen kursorischen Überblick über Geschichte, Gegenwart, mögliche Perspektiven sowie Potentiale einer Forschungsrichtung, die vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen Herausforderungen zu bewältigen hat, aber auch neue Chancen erkennt.
Hermann Mückler ist ao. Univ.Prof. und versteht sich als Kulturanthropologe und Ethnohistoriker mit den Forschungsschwerpunkten Kolonialismus, Konfliktforschung, Geopolitik, historische Populärmedienforschung und materielle Kultur. Die regionale Fokussierung liegt auf Ozeanien, Australien und insulares Südostasien. Präsident der Anthropologischen Gesellschaft in Wien sowie des Dachverbands aller österreichisch-ausländischen Gesellschaften PaN, Vizepräsident des Instituts für Vergleichende Architekturforschung und Zweiter Vorsitzender der Gesellschaft für Globalgeschichte.
https://univienna.zoom.us/j/65843600287?pwd=S1pHZ2NGZjY5cDRXcFQzSXZJUVFMdz09
Giulia Pelillo
Der Vortrag beschäftigt sich mit Transkulturalität als Methode, die einerseits die Mobilität und Fluidität kultureller Praktiken hervorhebt, andererseits Grenzsetzungen und daraus resultierende Konflikte jeglicher Art mitberücksichtigt. Die transkulturelle Forschung ist insbesondere an Relationen und weniger an Definitionen interessiert.
Mit meinem Vortrag möchte ich eine interaktive Diskussion über die Interrelationen zwischen interkultureller Philosophie und Transkulturalität anregen und dabei die Komplementarität der jeweiligen Projekte dank und nicht trotz der Differenzen hervorheben, statt diese Begriffe gegeneinander auszuspielen. Am Beispiel meiner eigenen Forschung über die Politisierung sprachlicher Diversität und die Kulturalisierung des Andersseins im Kontext globalisierter und postmigrantischer Gesellschaften möchte ich Inter- und Transkulturalität als komplementäre Zugänge diskutieren, die mit der Tradition des methodischen Nationalismus brechen und monokulturelle sowie universalistische Ansätze kritisch hinterfragen. Andererseits birgt die Popularisierung beider Begriffe auch die Gefahr deren Vereinnahmung z.B. in vereinfachenden Darstellungen kultureller Vielfalt als oberflächlicher Kosmopolitismus oder in der Zuschreibung kultureller Identitäten auf der Basis von „Herkunft“ oder vergleichbaren Kategorien.
Giulia Pelillo (PD Dr.) ist Leiterin des Fachbereichs Cultural Studies an der Diplomatischen Akademie Wien. Sie forscht und lehrt zu Mehrsprachigkeit, Transkulturalität und zur Politik des Kulturellen im Kontext der Globalisierung und Mediatisierung der Kommunikation.
https://univienna.zoom.us/j/65972342524?pwd=QXl1bitGRXhSdWttWmE5SXZ0Q0t4Zz09
Fabian Völker
Angesichts eines akzelerierenden, tiefgreifenden und radikalen Globalisierungs- und Pluralisierungsprozesses und der damit unausweichlich gewordenen Auseinandersetzung und wechselseitigen Durchdringung der Kulturen und Lebensformen unterschiedlichster Provenienz begegnen sich die Religionen und Weltanschauungen in einem sehr viel breiteren und intensiveren Ausmaß als je zuvor in der Geschichte. Glaubenskriege und religiös motivierte Terrorismen dokumentieren das enorme Konfliktpotential religiöser Vielfalt und fordern eine Intensivierung der Verständigungsanstrengungen, um eine konstruktive Veränderung in Selbst- und Fremdwahrnehmung der Religionen und deren Pluralismusfähigkeit zu fördern. Hierbei kommt der Philosophie die Aufgabe zu, eine kulturübergreifende Basis der Kommunikation zu begründen und ebenso universell verbindliche wie transkulturell akzeptierbare Grundlagen der Orientierung zu erkunden.
Der Vortrag thematisiert die transzendentalen Bedingungen der Möglichkeit interkulturellen Verstehens im Kontext postmoderner und postkolonialer Debatten über die vermeintlich unhintergehbare Kontextualität und Relativität allen Erkennens und diskutiert die Möglichkeit einer transzendentalen Hermeneutik religiöser und philosophischer Traditionen im Rahmen einer globalen Religionsphilosophie.
Fabian Völker ist Univ.-Assistent post doc am Institut für Interkulturelle Religionsphilosophie der Universität Wien, Vorstandsmitglied des European Network of Buddhist-Christian Studies (ENBCS) und Mitglied des Forschungszentrums Religion and Transformation in Contemporary Society (RaT).
https://univienna.zoom.us/j/67119446410?pwd=QN5uHWS1pVGnr2aqztRIsapn0s7laf.1
Meeting-ID: 671 1944 6410
Kenncode: 354925
Koordination: Mădălina Diaconu
Unter Mitarbeit von Kassian Mitterer und Pius Huber
SoSe 2023: Literatur, Kunst und interkulturelle Philosophie im Dialog
WiSe 2022/23: Dem Wahnsinn begegnen. Interkulturelle und dekoloniale Annäherungen an das Phänomen der psychischen Erkrankung
SoSe 2022: Philosophieren in der islamischen Welt der Moderne. Eine interkulturelle Perspektive
WiSe 2021/22: Rettet den Planeten! ‒Der Klimawandel und die Rolle der Interkulturellen Philosophie
SoSe 2021: Rettet den Planeten! ‒Der Klimawandel und die Rolle der Interkulturellen Philosophie
WiSe 2020/21: Marxismus im Gespräch – Interkulturelle Perspektiven und Entwicklungen
SoSe 2020: verschoben wegen COV-Krise auf WiSe 2020
WiSe 2019/20: Globalgeschichte und interkulturelle Philosophie
SoSe 2019: Harmonie und Widerstreit
WiSe 2018/19: Menschenrechte in interkultureller Perspektive
SoSe 2018: Post- und Dekoloniales Philosophieren
WiSe 2017/18: Philosophien in China
SoSe 2017: Philosophien Indiens
WiSe 2016/17: Grenzen im Denken Europas: Mittel- und Osteuropäische Ansichten
SoSe 2016: Philosophie in der arabisch-islamischen Welt
WiSe 2015/16: Philosophie in Lateinamerika
SoSe 2015
WiSe 2014
SoSe 2014
WiSe 2013
SoSe 2013
Unter interkulturellem Philosophieren wird die Bemühung verstanden, in die philosophischen Diskurse Beiträge aller Regionen, Kulturen und Traditionen als gleichberechtigt einzuflechten. Dabei sollen diese nicht nur vergleichend nebeneinander gestellt, sondern so in einen offenen gemeinsamen Raum gebracht werden, dass alle Positionen in diesem polylogischen Gespräch für Veränderungen offen gehalten bleiben. Interkulturelles Philosophieren ist somit keine bestimmte Theorie, Disziplin oder Schule, sondern steht für eine Neuorientierung in der Praxis des Philosophierens.
Der bereits seit 1993/94 bestehende Arbeitskreis am IWK (siehe ARCHIV) versteht sich dabei als ein Forum für einen solchen philosophischen Polylog, in dem nicht nur das Gespräch zwischen verschiedenen philosophischen Traditionen im Vordergrund steht, sondern auch die Anknüpfungspunkte mit der lebensweltlichen Praxis.